Lass die Sau raus!

Hof-Sonnenweide
Since 08/2023 62 Episoden

#50 Ludwig Huber. Sind wir klug genug um die Klugheit der Tiere zu verstehen?

Ein Gespräch über die Erkenntnisse im Buch "Das rationale Tier"

30.08.2024 73 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wer immer noch an der Intelligenz der Tiere zweifelt, dem sei diese Episode ans Herz gelegt. Für alle anderen wird es eine schöne Bestätigung sein. Wir sprechen mit Prof. Dr. Ludwig Huber über die verschiedenen Säulen der Intelligenz von Tieren. Dem Werkzeuggebrauch, dem Verständnis von Kausalität, der Fähigkeit gedanklich in die Zukunft und in die Vergangenheit zu reisen und darauf aufbauen planvoll zu handeln, die Eigenschaft das eigene Denken und Wissen zu reflektieren und zu hinterfragen, und nicht zuletzt die Fähigkeit sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen und daraus Schlüsse zu ziehen. 
Kurzum, Ein facettenreiches Gespräch über die gesammelten Erkenntnisse im Buch "Das rationale Tier"

Wer immer noch an der Intelligenz der Tiere zweifelt, dem sei diese Episode ans Herz gelegt. Für alle anderen wird es eine schöne Bestätigung sein. Wir sprechen mit Prof. Dr. Ludwig Huber über die verschiedenen Säulen der Intelligenz von Tieren. Dem Werkzeuggebrauch, dem Verständnis von Kausalität, der Fähigkeit gedanklich in die Zukunft und in die Vergangenheit zu reisen und darauf aufbauen planvoll zu handeln, die Eigenschaft das eigene Denken und Wissen zu reflektieren und zu hinterfragen, und nicht zuletzt die Fähigkeit sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen und daraus Schlüsse zu ziehen.
Kurzum, Ein facettenreiches Gespräch über die gesammelten Erkenntnisse im Buch "Das rationale Tier"

Das Buch von Prof. Dr. Ludwig Huber:
Das rationale Tier:
https://www.thalia.at/shop/home/artikeldetails/A1066477260
die englische Ausgabe:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-60803-2

Video von Kakadu Figaro in dem er sich sein Werkzeug selber bastelt:
https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(12)01065-2

Jane Goodall in Österreich:
https://janegoodall.at/

Hier kannst du alle Werbungen nachhören:
https://www.hof-sonnenweide.at/podcast/podcastwerbung/

Wir freuen uns über Deine Themenwünsche und Fragen!
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Mails bitte an: andreas@hof-sonnenweide.at

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Lass die Sau raus! Playlist:
https://open.spotify.com/playlist/3Dr5ZWnsk3F4Lsw8gZJmeU?si=54ac3df2e0da4f18

Prof. Dr. Ludwig Huber
Circle of Life:
https://open.spotify.com/intl-de/track/0juMU08O9byWiRBtKM1j5E?si=8e16d5cd791f4467
Earth Song
https://open.spotify.com/intl-de/track/4GCGH6TJ69neckwITeBFXK?si=3bea77b1d01748da
Brothers in Arms
https://open.spotify.com/intl-de/track/3X18oehLpalGBzAH2irw4W?si=642d6e1644da4c94
You´ll be in my heart:
https://open.spotify.com/intl-de/track/4Y8vb1uy9IjM2V1hqvrAid?si=8886813dd0904e9a
Andi:
Dir gehört mein Herz
https://www.youtube.com/watch?v=ZsoFW08CrYo


Soundeffekte:
Pixabay

Fotocredit Titelfoto: Jan Engelhardt

Credit des Titelsongs:
The Green Orbs  - Dancing on Green Grass

Transkript

Speaker1
00:00:00
Are we smart enough to understand how smart animals are?
Speaker0
00:00:03
Sind wir überhaupt klug genug, um die Klugheit der Tiere zu bewerten?
Speaker1
00:00:07
Das geht so einfach mit Tieren nicht, weil wir nicht die Sprache der Tiere teilen. Das heißt nicht, die Tiere haben keine Sprache, sondern wir haben nicht ihre Sprache und sie nicht unsere. Es ist nicht nur der Werkzeuggebrauch, sondern es ist vielmehr die Werkzeugmodifikation, die Verbesserung und noch besser die Werkzeugherstellung, Die uns zeigt, dass das Individuum sich Gedanken macht, wie und wodurch es die Fähigkeiten des Körpers, die beschränkt sind, verbessern kann. Die höchste Form des Werkzeuggebrauchs ist, wenn man einen eigenen Werkzeugkoffer hat.
Speaker0
00:00:41
Die Trennlinie zwischen Mensch und Tier.
Speaker1
00:00:44
Die ist sehr, sehr zart.
Music
00:00:47
Speaker1
00:00:52
Lass die Sau raus.
Speaker0
00:00:53
In diesem Podcast geht es um tierisch interessante Persönlichkeiten.
Speaker1
00:00:57
Aber auch um Menschen, die Schönheit der Natur und ein kleines Paradies namens Hof Sonnenweide.
Speaker0
00:01:03
Wir berichten über unsere Erlebnisse am Lebenshof, plaudern über Themen, die uns gerade bewegen und laden spannende Menschen zum Gespräch. Herzlich willkommen bei Lass die Sau raus, dem Podcast vom Lebenshof Sonnenweide mit Elisabeth und Andreas Nussbaumer. Wir lassen heute wieder die Sau raus und euch bei der Hoftür rein. Wobei wir stimmt heute nicht so ganz genau, weil die Elisabeth musste leider zu Hause bleiben. Die war krank und hat sehr bereut, weil wir hatten heute einen ganz besonders spannenden Gast. Wir waren auf der Veterinärmedizinischen Universität in Wien, um es genauer zu sagen am Messerli-Institut und haben dort interviewt den Herrn Prof. Dr. Ludwig Huber. Er ist Zoologe und seit 2011 Professor für die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Tierschutzes und der Mensch-Tier-Beziehung. Er leitet die Abteilung für vergleichende Kognitionsforschung und der Schwerpunkt seiner Forschungen liegt beim empirischen Nachweis bestimmter kognitiver Leistungen und emotionaler Zustände bei Tieren. Das dabei generierte Wissen soll zu einem besseren Verständnis von Tieren, einer höheren Wertschätzung dieser in der Gesellschaft und einem besseren Umgang mit ihnen beitragen. Ich kann euch jetzt schon versprechen, es wird ein ausgesprochen spannendes Gespräch. Los geht's! Gekommen sind wir auf Sie über das Buch, das Sie geschrieben haben. Ein großartiges Buch, das ich sehr empfehlen kann. Das rationale Tier 600. Umfassende Seiten, die sich mit den Intelligenzfähigkeiten von Tieren beschäftigen.
Speaker1
00:02:38
So ist es, ja. Das habe ich vor drei Jahren herausgebracht und mittlerweile gibt es das auch auf Englisch, wenn das jemand will. Also der Rational Animal ist einfach die Übersetzung davon, ist bei Springer heuer vor wenigen Wochen herausgekommen. Herr Dr.
Speaker0
00:02:54
Huber, bevor wir jetzt im Detail auf das Buch eingehen und auf die Inhalte, Sie beschreiben das Sextet tierischer Intelligenz, also im Wesentlichen sechs Fähigkeiten, Leistungen, Intelligenzleistungen von Tieren, die uns zeigen sollen, zu was Tiere in der Lage sind. Bevor wir da jetzt im Detail darauf eingehen, würde ich Sie bitten, können Sie uns sagen, warum ist es eigentlich so wesentlich und so wichtig, Sie damit zu beschäftigen und Kenntnis darüber zu haben?
Speaker1
00:03:23
Also es sind eigentlich zwei Gründe, warum ich diese sechs Fähigkeiten oder Problemfelder ausgewählt habe. Eine Grund ist ein sehr praktischer. Es gibt in der Kognitionsforschung in manchen Bereichen großartige neue Erkenntnisse aufgrund von Anekdoten, aufgrund von einem einzigen Test. Aber in der Wissenschaft ist es wichtig, dass Tests repliziert werden, dass auch andere Forscher das erforschen und so sozusagen auch mehrere Sichtweisen einbeziehen beziehungsweise auch überprüfen, ob das, was jemand gefunden hat, auch wirklich stimmt. Und in diesen sechs Bereichen ist das der Fall. Da gibt es viele Forscher, viele verschiedene Tests, Überprüfungen und so weiter. In anderen Bereichen, die auch lohnend wären. Ich habe mich zum Beispiel fast mein ganzes Forscherleben lang mit sozialem Lernen, wie lernen Tiere voneinander, Imitation, Emulation und so weiter, beschäftigt. Das findet man nicht in dem Buch. Und Leute, die mich gut kennen, Wissenschaftler, sagen, warum fehlt das? Weil es da in manchen Bereichen, gerade was Imitation und so betrifft, eher weniger Evidenz gibt, beziehungsweise nicht gut überprüfte Evidenz von anderen, sondern nur zum Beispiel Tests von uns. Das ist der eine Grund. Der andere Grund ist, dass das Bereiche sind, die für uns Menschen sehr, sehr wichtig sind, nämlich weil es mit Bewusstsein zu tun hat und weil für uns Menschen auch sozusagen das Selbstverständnis des Menschen auch in der Geschichte im Unterschied zum Tier sehr stark zusammenhängt mit Bewusstsein, mit Eigeninteresse und so weiter. Und das ist ein, wenn man so will, blinder Fleck in der Tierforschung. Bewusstsein, da gab es einmal einen, der hat das geschrieben in den 70er Jahren und wurde fast gesteinigt, nämlich auch von Kolleginnen und Kollegen. Und seitdem ruht eigentlich die Frage, haben Tiere ein Bewusstsein? Das wird nur ganz, ganz selten, ganz zaghaft angesprochen. Und ich habe versucht, 45 Jahre eben nach diesem Buch von Griffin das Thema aufzugreifen und versuche, das zu vermitteln. Indem ich Intelligenzweisen von Tieren, wo es gute empirische Evidenz gibt, wie schon gesagt, zu beschreiben. Das sind Denkweisen, die zumindest bei Menschen ohne Bewusstsein nicht möglich sind. Und daher ist die indirekte Evidenz, dass auch da bei den Tieren Bewusstsein im Spiegel ist.
Speaker0
00:06:05
Was hat das für gesellschaftliche bzw. ethische Konsequenzen, dieses Wissen zu haben?
Speaker1
00:06:11
Ja, große, weil ich schon sagte, dass für uns Menschen die Selbstbestimmung des Menschen und auch die anthropologische Differenz, also der Unterschied zu den Tieren, stark an genau dieser Fähigkeit des Bewusstseins, des Selbstbewusstseins, des Egos und des sich sozusagen in der Welt selbst zu bestimmen, auch eigene Interessen zu haben, haben auch nach Kant, da sind alles ganz Wesentliche in der Philosophie Fähigkeiten des Menschen, an denen auch die ethische Implikation, die Unverfügbarkeit des Menschen angehängt wird. Und daher hat es eine große ethische Relevanz, sich über diese Fähigkeiten von Tieren zu unterhalten.
Speaker0
00:06:55
Was ich persönlich beim Lesen dieses Buches einfach sehr interessant gefunden habe, ich habe aufgrund unseres Lebenshofes natürlich so ein eigenes anekdotisches Wissen darüber, dass Tiere in gewisser Weise intelligent sind. Also ich bringe immer ein ganz kleines Beispiel von unseren Ziegen. Die büchsen immer wieder ganz gern aus. Und ich ertappe mich dabei, wie ich teilweise dann da stehe und sie halt einfach nur wieder zurück reinscheuchen möchte, was natürlich nicht funktioniert. Weil die sofort meine Intention erkennen, der Mann, der will uns jetzt wieder zurücktreiben und zeigen mir den Ziegenstinkefinger sozusagen. Und dann stehe ich da und denke mir, das kann ja jetzt nicht sein, dass ich, so vermeintlich cleverer Mensch, mir da jetzt wirklich Gedanken machen muss, einen Plan entwickeln muss, wie bringe ich die da jetzt wieder zurück rein, weil die Ziegen meine Intention erkennen. Der Plan ist ja dann eh nicht, das ist ja kein Rocket Science, die muss man halt an Mais holen und sie damit wieder zurück hineinlocken. Aber ich stehe dann daneben und sehe die Ziegen so richtig, naja, und da bist du nicht vorher drauf gekommen und musst uns jetzt sozusagen mit dem Mais da wieder zurück reinlocken. Aber das ist sozusagen meine eigene, rein anekdotische Erfahrung zum Thema, dass Tiere sehr, sehr clever sein können. Und man manchmal schon sehr gut nachdenken muss, um sie dort hinzubringen, wo man sie hinbringen will. Und deswegen habe ich es schön gefunden in Ihrem Buch, wirklich auf 600 Seiten mit unzähligen Beispielen. Da haben Sie Forscherinnen und Forscher unglaublich clevere, experimentelle Konstellationen überlegt, um fundamental beweisen zu können, sodass man es auch wirklich hinterfragen kann und immer wieder zum Schluss kommen muss. Die Tiere sind cleverer, als viele von uns meinen.
Speaker1
00:08:32
Sie haben vollkommen recht. Das ist genau das Thema und die Schwierigkeit der Kognitionsforschung, Und ein sehr bekannter Kognitionsbiologe, der leider heuer vor wenigen Monaten verstorben ist, Franz de Waal, hat ein Buch geschrieben mit dem Titel Are we smart enough to understand how smart animals are? Also es geht genau darum, dass wir Menschen uns überlegen müssen, wie kommen wir dahinter? Bei Menschen ist es, es wird oft genannt die Tuevidenz, die Möglichkeit, dass sich jemand fragen kann. Sie interviewen mich und wir können uns sprachlich austauschen und können bis in Details von Experimenten, die irgendwann irgendwo stattgefunden haben, unterhalten. Das geht so einfach mit Tieren nicht, weil wir nicht die Sprache der Tiere teilen. Das heißt nicht, die Tiere haben keine Sprache, sondern wir haben nicht ihre Sprache und sie nicht unsere. Daher müssen wir, wie ich sage, indirekt, mit indirekten Belegen, Beweis ist vielleicht fast zu viel, viel Mathematiker würden mich schelten, versuchen wir da Evidenz aufzuhäufen. Es ist wirklich aufzuhäufen. Es gibt keinen Beweis im Sinne eines mathematisch-logischen Beweises, und jetzt ist es so, sondern es ist Evidenz, die wir aufhäufen aufgrund von unseren Tests und von Tests, die viele Menschen machen, also auch überprüfbare Tests sind, wo wir die auch ganz genau beschreiben, wie wir es gemacht haben. Das ist mir auch in dem Buch wichtig, dass der Leser, die Leserin auch sieht, ja, wir legen auch offen, wie wir zu diesem Wissen oder zu dieser Erkenntnis gekommen sind. Und es ist ganz, ganz wesentlich, dass man immer wieder, und das ist unsere eigentliche Hauptaufgabe, darüber nachdenkt, gibt es noch eine andere Erklärungsmöglichkeit für das Verhalten, das mir jetzt der Schwein, der Hund, der Papagei jetzt in dem Test gezeigt haben. Kann man das Problem, das ich dem Tier gestellt habe, kann man das eventuell auch anders, eventuell auch einfacher lösen. Das ist der berühmte Occam's Razor. Und wir müssen uns immer wieder sozusagen daran erinnern, dass wir auf der Suche sein müssen nach anderen alternativen Erklärungsmöglichkeiten und dann mit sogenannten Kontrollen, das sind dann die Kontrollexperimente, das sind oft die klügsten, die schlauesten, mit diesen Kontrollen wirklich nachzuweisen, Tatsächlich, es ist diese höhere Form der Intelligenz, die dem Tier verholfen hat, das Problem zu lösen und nicht etwas viel Einfacheres.
Speaker0
00:10:56
Und schon gar kein Zufall.
Speaker1
00:10:57
Genau, und schon gar nicht ein Zufall.
Speaker0
00:10:58
Wiederholbar. Also ich liebe diesen Satz, ich habe Gänsehaut bekommen, wie ich den gelesen habe in Ihrem Buch von diesem Franz de Waal. Sind wir überhaupt klug genug, um die Klugheit der Tiere zu bewerten? Finde ich großartig, vor allem von einem Menschen, der sich sein ganzes Leben lang intensiv damit beschäftigt hat und geforscht hat. Diese menschliche Größe zu haben, im wahrsten Sinne des Wortes sich hinzustellen und zu sagen, ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir überhaupt klug genug sind, weil es natürlich eine gewisse Überheblichkeit auch mit sich birgt, zu sagen, ja, die blöden Viecher, nur weil wir sie nicht verstehen.
Speaker1
00:11:30
Aber auf der anderen Seite ist es auch wieder das Problem der Kognitionsbiologie. Dass ich immer wieder mit Menschen spreche, vor allem mit Hundebesitzerinnen und Besitzern, die sagen, Herr Huber, was Sie hier erforschen, das wissen wir doch. Das ist doch ohne dies evident. Und da sage ich, naja, evident für Sie vielleicht, aber wir brauchen eine andere empirische Evidenz. Wir müssen es nachspüfen. Wir brauchen eine Art von Beweis.
Speaker0
00:11:59
Ja, dann schlage ich vor, schauen wir uns diese sechs Kategorien einfach mal an. Es ist, ich zähle es mal alle auf, es ist Werkzeuggebrauch, Kausalverständnis, also das Verständnis von Ursache und Wirkung. Es ist die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen. Es ist ein episodisches Gedächtnis. Es ist die Metakognition, also die Fähigkeit, Denkprozesse zu reflektieren und Entscheidungen zu hinterfragen. Und es ist Gedankenlesen, auch so Theory of Mind, ganz gern beschrieben. Starten wir mal beim Thema Werkzeuggebrauch. Was ist damit gemeint? Gibt es Tiere, die Werkzeuge gebrauchen? Das klingt ein bisschen komisch.
Speaker1
00:12:32
Also es gibt sogar sehr, sehr viele Tiere, die Werkzeuge gebrauchen. Und je genauer man hinsieht, desto mehr Tiere wird man finden.
Speaker0
00:12:42
Ich habe einmal in einem Vortrag von Ihnen, sagen Sie, es gibt einen ganzen Zoo von Tieren.
Speaker1
00:12:46
Die Werkzeuge gebrauchen. Ganz genau. Das Entscheidende dabei ist aber, dass man Werkzeug gebrauchen kann, nützen kann, benutzen kann, auch ohne große dahinterstehende Intelligenz. Entweder weil man schon genetisch dispositioniert ist dafür oder weil man ein Stöckchen hebt und mit dem herumspielt und explorativ auf etwas draufkommt. Und deswegen sage ich im Buch, es ist nicht nur der Werkzeuggebrauch, sondern es ist vielmehr die Werkzeugmodifikation, die Verbesserung und noch besser die Werkzeugherstellung, die uns zeigt, dass das Individuum sich Gedanken macht, wie und wodurch es die Fähigkeiten des Körpers, die beschränkt sind, verbessern kann. Also ganz einfach gesagt, ich möchte irgendetwas zu mir holen, aber es ist zu weit weg, ich komme nicht hin, mein Arm ist nicht lang genug, mein Schnabel ist nicht lang genug, was auch immer. Also ich muss sozusagen diese Distanz überwinden und dazu könnte ich mir jetzt ein Stöckchen holen oder irgendetwas anderes, längeres und versuchen, mir das hier heranzuholen. Das wäre schlicht Werkzeuggebrauch. Jetzt ist es aber so, und das beschreibe ich in dem Buch anhand einiger Beispiele, dass zum Beispiel Koffinenkakadus, also das sind Papageien, Papageienvögel, Kakadus, dass die bei uns in der Forschungsstation in der Nähe von St. Pölten in Goldegg bei meiner Mitarbeiterin Alice Auersberg begonnen haben, sich diese Stöckchen selbst zu basteln. Und das hat begonnen mit dem Individuum Figaro. Das hat Alice anfänglich gar nicht glauben können, hat dann aber gesehen, dass das tatsächlich so ist, weil man alles weggeräumt hat aus der Voliere, dass irgendwie nur ein länglicher Gegenstand wäre. Und dann beginnt der Figaro spontan, ohne zu zögern, am Balken, auf dem die Voliere aufgebaut ist, zu knabbern und sich da in den langen Span herunterzubrechen und dann sofort mit diesem Span die Erdnuss, die außerhalb des Gitters zu liegen kam, sich reinzuholen.
Speaker0
00:14:51
Unglaublich. Es ist sozusagen nicht nur, sich ein bestehendes Werkzeug zu nehmen und zu gebrauchen, sondern sogar eins für sich zu basteln, zu konstruieren. Das ist einfach großartig.
Speaker1
00:15:02
Und das geht noch weiter. Bei den neukaledonischen Krähen, also Geradstapelkrähen heißen sie eigentlich in Deutsch, New Caledonian Crows, die eben in Neukaledonien zu Hause sind, die haben schon eine genetische Prädisposition dafür, mit Stöckchen in Astlöcher zu stochern, um dort zum Beispiel Maden herauszubekommen. Nun ist es aber mit einem geraden Stöckchen, einem Ast, was auch immer, einem Halm, nicht so einfach, dass die Maden da sozusagen mitkommen. Also, was hilft? Wiederhaken. Und jetzt beginnen diese Gratschnabelgränen, sich tatsächlich mit dem Stöckchen zu beschäftigen und da wieder Haken zu bauen, indem sie da sozusagen ganz geschickt am Ende des Halms oder des Astes Stücke abbrechen. Oder dass sie eine Abzweigung nutzen, also einen Seitenzweig, den sie bis auf ein ganz kurzes Stück abbrechen, sodass auch wieder so eine Art Haken bleibt und dann genau mit diesem Haken in das Loch fahren und sich die Mate herausholen. Das ist eben Werkzeugherstellung oder zumindest Modifikation und es zeigt, dass sie eine Vorstellung davon haben, was sie benötigen, um ans Ziel zu kommen. Und das ist vielleicht auch ein roter Faden durch das Buch. Können Tiere sich Gedanken machen? Das ist eben die Essenz von Denken. Können Sie sich auch etwas vorstellen und entlang dieser Vorstellung dann Entscheidungen treffen oder zu handeln?
Speaker0
00:16:38
Ja, das führt zurück auf die Erkenntnisse von Jane Goodall, wo ja zu dem Zeitpunkt irgendwo die Meinung war, alles, was ein Werkzeug herstellen kann, ist ein Mensch. Und alles, was das nicht kann, ist kein Mensch. Und Jane Goodall hat das erstmalig dann, ich glaube, wenn ich es richtig im Kopf habe, Sie sind stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender vom Jane Goodall-Institut gewesen.
Speaker1
00:16:59
Auch das, ja, auch das.
Speaker0
00:17:00
Welch Zufall.
Speaker1
00:17:01
Auch ein guter Botschafter für Österreich, ja.
Speaker0
00:17:05
Aber die hat ja sozusagen erstmalig durch ihre Forschungen erkannt, dass Schimpansen in der Lage sind, Werkzeug zu benutzen. Und diese, jetzt müssen Sie mich korrigieren, ich habe es wahrscheinlich nicht ganz richtig im Kopf, Louis Leakey, ihr Mentor, hat dann gemeint, entweder müssen wir jetzt den Begriff Werkzeug neu definieren oder den Begriff Mensch neu oder wir zählen die Schimpansen ab jetzt zu den Menschen.
Speaker1
00:17:26
Sie haben das 100% richtig wiedergegeben. Gott sei Dank.
Speaker0
00:17:31
Also das war eine großartige Erkenntnis und man musste dann tatsächlich neu definieren, um die Schimpansen dann wieder zu Tieren zu machen.
Speaker1
00:17:40
So ist es. Auch sie hat also bei David Greybeard, das war der Schimpanse, den sie damals da beobachtet hat, wie er mit langen Halmen, die er sozusagen auch zurecht gemacht hat, indem er sozusagen alle Seitenzweige abgebissen hat, und dann mit diesem langen Halm in einen Termitenbau sticht, um da die Termiten am Halm entlang herauszuholen und dann genüsslich durch den Mund zu ziehen. Und das hat sie wirklich sehr erstaunt und hat das eben Louis Leakey geschrieben. Und damit begann die ganze Geschichte. Und es ist genau diese Erkenntnis oder diese Anekdote, die dann auch zu ihrem Weltraum geführt hat und auch die Forschung finanziert bekommen hat über National Geographic und so weiter. Also insofern ist Werkzeuggebrauch etwas, was in unserer Forschung sehr wichtig ist. Das Ganze ist schon lange her, also über 60 Jahre her. Und mittlerweile, wie gesagt, gibt es viele, viele Tiere, die auf ganz einfache Weise Stöckchen oder Steine, Steinscheren usw. verwenden. Aber es gibt nur ganz wenige, und das ist wahrscheinlich nicht mehr als ein Dutzend Tiere, die Werkzeug modifizieren oder gar herstellen.
Speaker0
00:18:48
Also wer das genauer wissen möchte, wie gesagt, unbedingt im Buch nachlesen, da bringen sie dutzende Beispiele von Tieren. Einen ganzen Zoo.
Speaker1
00:18:58
Und vielleicht darf ich noch sagen, also wirklich dann die höchste Form des Werkzeuggebrauchs ist, wenn man einen eigenen Werkzeugkoffer hat. Wenn man, wie auch die Goffin-Kakatus, wie wir jetzt seit Neuem wissen, Marco Heurer und Berenica Maciejkowska haben das untersucht, in Tanimba, das ist eine kleine Insel in Indonesien, und dort sind diese Goffin-Kakatus zu Hause, endemisch, und man hatte überhaupt keine Vorstellung, dass die Werkzeuge gebrauchen. Man hat zwar immer wieder so Stöckchen und so gefunden, wusste aber nicht warum. Und die beiden haben dann tatsächlich Tiere beobachtet und gefilmt und genau analysiert, die an die Bavainus, so heißt sie, herankommen wollen. Die haben auch eine ganz harte Schale, kommen mal schwer hinein. Gott sei Dank gibt es einen kleinen Spalt, eine kleine Öffnung. Das kann man sich zunutze machen, indem man ein Stöckchen hat, das wirklich robust genug ist, um damit diese Spalte aufzuspreizen. Dann lassen Sie das dann auch drinnen. Dann haben Sie ein zweites Werkzeug, um die Samenhaut aufzuöffnen. Da nehmen Sie dann ein Stöckchen, die ganz spitz zusammenläufen oder machen das auch und öffnen dann die Samenhaut. Und fürs Herauslöffeln nehmen sie dann wieder weiche, breite Hölzchen, um quasi wie mit einem Löffel sich den Samen herauszuholen. Das heißt, die gehen mit einem echten Werkzeugset quasi wie mit einem Werkzeugkoffer an die Sache, was auch wieder zeigt, dass sie wirklich eine Vorstellung dafür haben, was das einzelne Werkzeug imstande ist und wofür ich es brauche, um eine bestimmte Fähigkeit zu erlangen.
Speaker0
00:20:40
Großartig. 1, 2, 3, 4, 1, 2, 3, ja, es ist nichts dabei, nur wenn ich euch erzähle die Geschichte. Auf Sonnenweide im Boden landen musst du keinen an dieses Pflicht. Es ist ein Lebenshof, es ist ein Paradies, aber eins, das musst du wissen. Da ist eine Gänse daheim, die kann recht gefährlich sein, die hat schon viel in den Haxenbissen. Sie sagt, lass eine Patenschaft oder eine Spende da, sonst wäre ich gerantig, aber schnell. Klick die 5 Sterne gleich an und mach ein Abonnement, sonst wird es für dich morgen nicht mehr höher. Und jetzt das Kinderlied. Tra, die nicht um, oh, oh. Scha, scha, die Elvira, die geht um, oh, oh, oh. Wenn sie dich anschaut und sie fragt nach fünf Sternen, sag aber, das mach ich doch gern. Scha, la, la, la, la, la. Draht dich nicht um, oh, oh. Scha, scha, die Elvira, die geht um, oh, oh, oh. Wenn sie dich fragt nach einer Patenschaft, sag, das hab ich schon gemacht. Scha, la, la, la, la, la. Werbung Ende. Das war die erste Intelligenzleistung, die Sie da aufführen. Der zweite Punkt ist das sogenannte Kausalverständnis, also das Verständnis von Ursache und Wirkung. Was ist damit gemeint?
Speaker1
00:21:58
Also im Wesentlichen setze ich da fort beim Werkzeuggebrauch, denn auch dort brauche ich schon dieses Verständnis. Es gibt aber viele Beispiele, wo Tiere nicht unbedingt sich ein Werkzeug basteln, aber wo Sie ein Verständnis haben müssen, wie ich ein technisches Problem löse. Das beginnt damit, dass ich ein gewisses Verständnis für physikalische Eigenschaften von Gegenständen brauche, dass ich zum Beispiel weiß, ich schlage einen Nuss nur mit einem harten Stein auf, denn ein weicher Stein zerspringt und die Nuss bleibt ganz. Ich habe ein Verständnis dafür, dass ich ein größeres Gewicht brauche, um einen größeren Impetus zu haben. Oder das bedeutet, dass ich ein Stöckchen von einer bestimmten Länge brauche, damit ich mein Ziel erreiche. Also physikalische Eigenschaften, damit beginnt das Ganze. Aber Kausalverständnis, wie Sie richtig sagen, ist ein Verständnis für Ursache und Wirkung. Das heißt, was erzeugt die Wirkung, die ich möchte? Zum Beispiel, dass der Nuss aufspringt. Was ist die Ursache dafür? Und das ist eine Erkenntnis, die nicht im Physikunterricht bei den Tieren entspringt, sondern durch Betätigung, durch Handeln. Und mit der Zeit sehen sie den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung und verstehen, wie man diesen Zusammenhang auch herstellen kann, selbst herstellen kann. Und da gibt es viele, viele Beispiele. Für mich eines der Top-Beispiele, die ich anfänglich gar nicht glauben konnte, ist etwas, was in der Nähe ist von der Aesops-Fabel. Bei Aesops-Fabel geht es darum, dass die Krähe versucht, an etwas zu kommen, was in einer Röhre ist und da ist Wasser drinnen und da kommt sie aber nicht hinein. Und da wirft die Krähe dann Steinchen hinein und dann erhebt sich der Wasserspiegel und dann kommt das, was am Wasserspiegel schwimmt, kommt dann herauf. Und das ist also ein Verständnis für Verdrängung von Wasser, das ist ein Verständnis auch für diesen Verdrängungseffekt. Also wir haben das zum Beispiel bei den Kehrs gemacht, indem wir drei Röhrchen angeboten haben. Ein Röhrchen war gefüllt mit Sand, ein Röhrchen war gefüllt mit Wasser Ein Röhrchen war nicht gefüllt. Wo werfen Sie die Steine hin? Wir haben also Steine ausgelegt. Sie nehmen die Steine und werfen sie in das Wasserröhrchen und nicht in das Sandröhrchen. Weil beim Sandröhrchen heben Sie die Sandmenge, aber das bringt nichts. Und das sind solche Sachen. Aber für mich das Top-Beispiel war Wasser. Einer früheren Studentin von mir, die dann am Max-Planck-Institut in Leipzig mit Affen gearbeitet hat, mit den Menschenaffen, mit Schimpansen, Gorillas, Orangutans. Und da ging es darum, dass auch wieder ein Röhrchen an der Käfigwand hing, Mit einem Plexiglasröhrchen, auch wieder halb mit Wasser gefüllt, auch wieder eine Erdnuss schwimmend auf der Wasseroberfläche. Und sie kommen mit den Fingern nicht tief genug hinein. Also was machen sie? Und sie haben keine Steinchen, die herumliegen und es gibt also sozusagen keine direkte Möglichkeit, an die Erdnuss zu kommen. Und dann geht der Schimpanse zurück in den anderen Teil des Käfigs, wo er Wasser trinkt von einem Wasserhahn. Er macht den Wasserhahn auf, trinkt, aber trinkt das Wasser nicht ganz, sondern lässt es im Mund und kommt mit vollem Mund zurück und spuckt das Wasser in die Röhre. Und das macht er drei, vier, fünf Mal, bis dann die Erdnuss erreichbar ist. Das ist großartig, da muss man nämlich auch wieder ein Verständnis haben, okay, ich muss diese Wasserlevel heben, um an die Erdnuss zu kommen. Ich brauche irgendetwas, was ich da hineinfüllen kann. Ich habe nichts anderes, also nehme ich auch Wasser. Und ja, also das ist dann nur eine Anekdote. Das kann man so dann nicht mehr experimentell überprüfen. Aber es gab einen jungen Schimpansen, der hat das auch gemacht, hat sich das wahrscheinlich von den Älteren abgeschaut, aber war sehr ungeschickt, das Wasser in die Röhre zu spucken. Der hat alles daneben gespuckt. Und dann beginnt er an der Käfigwand hinauf zu klettern und in die Röhre zu pinkeln.
Speaker0
00:26:34
Da war er treffsicherer. Man muss sich nur z'helfen wissen. So ist es. Also das heißt, den Tieren ist ganz klar bewusst, es gibt einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Wenn ich X mache, dann kommt Y dabei raus. Also in gewisser Weise schlussfolgendes Denken.
Speaker1
00:26:52
Das sind so einfache Dinge wie auch, auf einem Handtuch liegt am Ende nicht erreichbar das Futter. Ich ziehe an dem Handtuch, weil ich verstehe, dass mit dem Handtuch der Gegenstand kommt. Das heißt nicht, dass der Affe oder der Hund oder wer immer es ist, ein Verständnis hat für Gravitation und so weiter oder Reibung etc. Also kein volles physikalisches Verständnis, aber zumindest dieses Ursache-Wirkungs-Verständnis hat. Also wenn wir zwei Brettchen anbieten und auf einem Brettchen liegt das Futter drauf, am Ende des Brettchen, beim anderen Brettchen liegt es daneben, dann sollte das Tier das Brettchen heranziehen, wo das drauf liegt. Und das tun manche Tiere spontan, sofort, die haben sozusagen dieses Verständnis, bringen sie mit. Und andere Tiere, wie zum Beispiel unsere Hunde, die brauchen eine gewisse Zeit des Lernens, bis sie das verstehen und machen dann auch immer noch Fehler. Also wenn ich dann plötzlich das eine Futterstück am Brettchen habe, aber das ist weit hinten, das andere Futterstück neben dem Brettchen, aber nahe an der Gitterwand, wo der Hund sitzt, dann zieht er an dem Brettchen, wo das Futter nahe ist. Also das ist das sogenannte Proximity-Error. So kann man dann überprüfen mit solchen Kontrollen, wie tiefgreifend dieses Verständnis ist. Und man merkt, es ist noch relativ oberflächlich. Er braucht noch sozusagen mehr Lernerfahrung, um das auch zu verstehen. Oder ich zerschneide das Brettchen in der Mitte und wenn dann das Futter dahinter liegt, am hinteren Teil des Brettchens, und dann ziehe ich das vordere, dann kommt das auch nicht mit, weil die Verbindung fehlt zwischen vorne und hinten. Das sind alles Dinge, die man erst natürlich lernen muss. Man kann nicht davon ausgehen, dass ein Tier, ein Hund das alles schon weiß, aber das lernt er. Und schließlich geht es darum, ob er dann mit einem gewissen Verständnis ausgestattet auch generalisieren kann, verallgemeinern kann, auf andere Gegenstände, also nicht unbedingt auf Brettchen und auf andere Situationen und so weiter und so weiter.
Speaker0
00:29:00
Finde ich aber insofern wieder sehr interessant und ich bin kein Wissenschaftler, ich darf mir das erlauben und sagen, es ist ja fast wieder menschlich, Weil Menschen in verschiedenen finanzwissenschaftlichen Experimenten ja auch eher dem schnellen Erfolg oder dem schnellen Geld sozusagen, jetzt ist es eine Proximity-Error, wenn Sie sagen, der Hund neigt dazu, eher das Futterstück zu nehmen, das zwar näher liegt, aber eigentlich unerreichbar ist. Und eigentlich sind Menschen genauso, dass sie nämlich dem schnellen Erfolg hinterherjagen, der aber in Wirklichkeit dann... Also Lottospielen ist ein gutes Beispiel.
Speaker1
00:29:33
Sogar ein Buch darüber und es gibt einen Nobelpreisträger vor kurzem. Kahnemann, der mit Amos Tversky genau solche Sachen gemacht hat, wo Menschen unter erstens Unsicherheit, nicht die gesamte Information habend und auch gezwungen schnell zu handeln, dann auf so einfache Faustregeln zurückgreifen und nur wenn sie Zeit haben und wenn sie mehr Informationen auch bekommen können, wenn sie auch auf die Suche nach mehr Information gehen, dann auch andere Entscheidungen, also auch intelligentere Entscheidungen treffen.
Speaker0
00:30:07
Ja, die Trennlinie zwischen Mensch und Tier.
Speaker1
00:30:10
Die ist sehr, sehr zart.
Speaker0
00:30:14
Ja, Dankeschön. Zum Thema Kausalverständnis. Der nächste Punkt ist die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen. Jetzt wird es spannend. Wir reden nicht über Gerda Rogers. Wir reden über Tiere.
Speaker1
00:30:25
So ist es. Also es geht insgesamt bei den nächsten beiden Kapiteln um Zeitreisen, wie wir sagen. Können wir uns in der Zeit versetzen? Das beginnt also damit, dass man sagt, eine höhere Form der Intelligenz ist Dezentrierung, das ist ja wissenschaftlich. Also ich versetze mich in Zeit und Raum. Ich kann über Dinge nachdenken, die nicht hier stattfinden, jetzt bei uns da in meinem Büro, sondern irgendwo anders. Und ich kann mich über Dinge unterhalten, die stattgefunden haben in der Vergangenheit oder sogar stattfinden werden. Also ich extrapoliere in die Zukunft, indem ich bestimmtes Wissen aus der Situation, Vielleicht auch bestimmte Motivationen von mir zusammennehme und dann extrapoliere und dann quasi antizipiere, was wäre die Konsequenz meiner jetzigen Handlung in der Zukunft. Wenn ich das heute tue, dann geschieht das morgen. Und wenn das morgen geschieht, dann kann ich morgen das tun, um etwas zu erzeugen, was übermorgen passiert. Im einfachsten Fall vorbereitendes Handeln. Also ich könnte zum Beispiel heute oder vielleicht morgen ist Freitag einkaufen gehen, damit ich am Wochenende, am Sonntag bekomme ich Besuch, dann das habe. Dann denke ich natürlich an den Sonntag, ich denke an den Besuch, ich denke nach, was würden meine Gäste gerne essen zum Beispiel und das kaufe ich heute ein. Das ist vorbereitetes Handeln und bedeutet, ich kann mir vorstellen, was in der Zukunft passieren wird, was ich da brauchen werde, was ich heute tun muss, um das zu erreichen, damit das geschieht.
Speaker0
00:32:03
Das ist insofern interessant, als wir ja gern von Tieren sagen, die leben nur im Hier und Jetzt und haben kein Gefühl, kein Verständnis für Vergangenheit und Zukunft. Das stimmt so nicht.
Speaker1
00:32:13
Genau, genau. Daher ist dieses Kapitel auch so wichtig. Also die gesamte Fähigkeit zu planen hängt damit zusammen. Also nochmal, ich mache etwas und das hat eine bestimmte Konsequenz. Wenn ich das habe, wenn ich das erreicht habe, wenn ich dieses erste Ziel erreicht habe, dann mache ich dann wieder etwas, um das zweite Ziel zu erreichen und so weiter und so weiter. So handle ich mich in die Zukunft vor, indem ich einen bestimmten Ablauf vorausplane. Und da gibt es gute Beispiele, dass auch wieder eine Geradstapelgrähe zum Beispiel vor einem Käfig sitzend oder vor einer Schachtel mit Gitterwand sitzend an das Futterstück da drinnen kommen möchte und hat nicht das richtige Werkzeug dafür. Es sieht aber dieses Werkzeug, dieses Stäbchen, das es braucht, in einer anderen Kiste. Und um da hineinzukommen, braucht es wieder ein anderes Werkzeug. Und so kann man sagen, handelt sich dieses Tier eher vom Endzustand zurück auf die Zwischenschritte und beginnt dann mit dem ersten Zwischenschritt, der dazu folgt, dass der zweite, der dritte, der vierte und dann die Endhandlung erfolgen kann. Es macht also nicht den Fehler, sofort am Ziel sich zu versuchen, sondern beginnt rückwärtslaufend mit dem eigentlichen Beginn einer Handlungskette. Und dazu muss es aber die gesamte Handlungskette behirnen
Speaker0
00:33:40
Und sich vorstellen können. Sie beschreiben, ich werde wirklich lachen müssen, ich kann mich jetzt nicht mehr erinnern, aber ich glaube einen Affen in einem Zoo, der die Besucherinnen und Besucher immer mit Steinen beworfen hat, woraufhin die Betreuerinnen und Betreuer dann die Steine alle wegräumt haben aus dem Gehege, was dazu geführt hat, dass der Affe angefangen hat, ein Lager anzulegen und dann zum richtigen Zeitpunkt diese Steine zu verwenden.
Speaker1
00:34:05
Ganz richtig, das beschreibe ich. Ein guter Freund von mir, Matthias Osward, ein Professor mittlerweile in Lund in Schweden, hat diese Geschichte zugetragen bekommen, hat es dann selber sich auch angeschaut und hat also den Santino, so heißt dieser Schimpanse, dann auch dort genauer unter die Lupe genommen und hat genau das gefunden. Dass der Santino aus irgendeiner Motivation heraus Lust hatte, Steine auf Besucher zu werfen. Wahrscheinlich, weil die Konsequenz, dass die Leute dann schreiend auseinanderstoben, dass ihm das gefallen hat, nehme ich wohl an. Und als ihm alle Steine weggenommen wurden, hat er dann begonnen, am Abend in der Nacht sich ein Lager anzulegen, das die Werte nicht finden und hatte somit genau das, was er am nächsten Tag bräuchte. Und das ist auch genau wieder diese Planung, die Vorstellung, was brauche ich morgen, was muss ich heute tun.
Speaker0
00:35:01
Sehr interessant. Vor allem einerseits genießt sie genau diese Fähigkeit bei uns am Hof, dass Tiere so sehr im Hier und Jetzt sind, so präsent. Also man spürt das förmlich, wenn man von denen umgeben ist, wie viel Ruhe plötzlich einkehrt, wie man sich entspannen kann, weil die gefühlt halt nicht schon beim nächsten Tipp am Smartphone sind, um es überspitzt zu sagen. Aber andererseits zu wissen, dass die sehr wohl auch in der Lage sind, dann ein Stück weit in die Zukunft oder in die Vergangenheit zu denken, darüber nachzudenken, zu überlegen, was passiert morgen. Das finde ich großartig.
Speaker1
00:35:37
Richtig.
Speaker0
00:35:37
Sie haben jetzt sozusagen zusammengefasst, die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen und das episodische Gedächtnis, also heißt sozusagen, sich zurückzuerinnern, was ist passiert und was bedeutet es. Deswegen, ich glaube, den Schritt können wir überspringen.
Speaker1
00:35:49
Vielleicht nur ganz kurz, warum der so wichtig ist, weil auch da wieder ein Philosoph bzw. Einer, der Theorien für Menschen entwickelt hat, Er hat gesagt, wir Menschen, nur wir Menschen sind in der Lage, dass wir uns zurückerinnern an Episoden, an etwas, was uns selbst in der Vergangenheit passiert ist. Das ist nicht semantisches Gedächtnis, wie man sagt. Ich weiß, dass es in England oft regnet. Das könnte ich auch gelesen haben, da muss ich nicht selbst in England gewesen sein. Aber wenn ich sage, ich erinnere mich, dass ich das letzte Mal, als ich in London war, bei der Royal Society und da war vier Tage strahlend blauer Himmel und Sonnenschein und ich kann mich noch gut erinnern, wie glücklich ich darüber war und so weiter. Also ich sehe mich selbst in der Vergangenheit. Ich weiß, wo das war in London, ich weiß ungefähr, wann das war und ich weiß, wer da im Spiel war und was da passiert ist. Und da hat Endel Tulving, so heißt dieser Philosoph gesagt, sagt, mit diesen Fähigkeiten ausgestattet ist der Mensch und er hat sozusagen autonoetisches Gedächtnis, hat er das genannt, also selbstbewusstes Gedächtnis. Ich kann mich über mich selbst Gedanken machen und was mir damals passiert ist und wie ich mich damals gefühlt habe und so weiter. Das ist ganz klar ein Kennzeichen für Selbstbewusstsein. Also hat er dieses episodische Gedächtnis an Selbstbewusstsein. Das hat natürlich dann eine Tierforscherin, die Nicola Clayton, Professorin in Cambridge, Cambridge University, dann quasi herausgefordert, provoziert, das auch bei Tieren nachzuweisen. Könnten das Tiere vielleicht auch? Und jetzt haben wir das Ganze operationalisiert. Das ist nämlich das Nächste. Wir sprechen nicht nur hochgeistig, hochtheoretisch über Selbstbewusstsein, sondern wir haben damit von Tulving Kriterien in die Hand bekommen, anhand deren wir die Existenz dieser Fähigkeit bei Tieren überprüfen können. Nämlich die drei Kriterien sind, dass ich mich erinnere, was ist passiert, wann und wo. Also was habe ich zum Beispiel versteckt, wo habe ich es versteckt, wann habe ich es versteckt. Und die Nicola Kleten hatte zu der Zeit, das war in den späten 90er Jahren, mit Heeren gearbeitet, mit Buschheeren. Und wie viele Korviden, wie viele Rabenvögel verstecken die Futter im Herbst für den Winter. Die machen das auch. Und da war dann naheliegend zu fragen, können sich diese Heer nicht nur erinnern, wo sie etwas versteckt haben, üblicherweise redet man in dem Fall immer nur, kann sich der Eichel hier erinnern, wo er seine Eicheln versteckt hat. Nein, kann er sich auch erinnern, was er versteckt hat, nämlich dann, wenn er mehrere Futterarten versteckt, Was hat er wo versteckt, also bei diesem Baum habe ich Futter A und beim anderen Baum habe ich Futter B versteckt und als letztes auch noch, wann kann ich mich sozusagen in der Zeitleiste so zurückfahren, dass ich weiß, das habe ich vorgestern versteckt oder vor drei Wochen versteckt oder vor fünf Monaten. Und jetzt hatte sie diese drei Kriterien und hat ein unglaublich cleveres Experiment mit den relevanten Kontrollbedingungen entwickelt und die hergetestet. Und ich würde davon nicht erzählen, wenn ich das genau herausgekommen wäre, was die Hypothese war, dass nämlich sich diese Heer tatsächlich erinnern, was haben sie versteckt, nämlich wo haben sie das versteckt und wann haben sie es versteckt.
Speaker0
00:39:16
Ich finde es ja allein schon deshalb lesenswert, was Sie im Buch schreiben, weil man da erst, dahinter kommt, wie unglaublich kompliziert und schwierig das ist, sich eine Testkonstellation auszudenken, um wirklich genau das beweisen zu können und so wie wir vorher gesagt haben, dass es nicht per Zufall rauskommt oder aus sonstigen Gründen, sondern dass man wirklich genau das beweist, was man beweisen möchte. Übrigens lustig, dass Sie das jetzt mit was, wann und wo aufzählen, weil im letzten Podcast, den wir zu Hause aufgenommen haben, ging es um ein Forschungsergebnis mit Flughunden, die man eingesperrt hat in ihrer Höhle, bestimmte Zeiträume, und dann auch feststellen konnte, wenn man die rausließ, dann haben die genau dieses Wissen darüber gehabt, nämlich wie lange waren sie eingesperrt, das heißt, die haben ein Zeitgefühl dafür gehabt, und wussten dann, zu welchem Baum sie fliegen müssen, wissen, wo es dann was zu futtern gibt, weil sie gewusst haben, wo reifen wann welche Früchte ab. Das heißt, sie haben einfach nähergelegene Bäume einfach links liegen lassen, weil sie gewusst haben, die sind schon abgereift, da brauche ich nicht mehr hinfliegen.
Speaker1
00:40:15
Ja, ganz genau. Und das ist im Wesentlichen auch genau die Grundidee gewesen für dieses Experiment mit den Buschherren, weil die Nicola Gelten hat zwei Futtersorten verwendet. Erdnüsse, die nicht leicht und nicht so schnell verderben und die Maden von Mehlwürmern. Und diese Maden mögen sie ganz besonders, noch mehr als Erdnüsse, die mögen sie auch, aber die Maden mögen sie noch lieber. Aber die Maden haben den Nachteil, sie verderben relativ schnell. Und jetzt hat sie das so gespielt, dass sie einmal die Maden zuerst verstecken lassen. Also sie hat ihnen so eine Schüssel Maden angeboten und die durften dann in einem bestimmten Behälter, das waren so Eiswürfelbehälter, die noch dazu mit Legosteinen so markiert waren, dass sie sich genauer orientieren können, wo sie was versteckt haben. Also konnten sie zunächst einmal Maden verstecken. Und dann zwei Tage später haben sie dann Erdnüsse versteckt, an einem anderen Orten. Also sie hat die abgedeckt und sie konnten an anderen Orten die Erdnüsse verstecken. Und vier Stunden später durften sie wieder rein und durften sich sozusagen wieder diese Nahrung aus den Verstecken holen. Und die Frage war, was holen sie sich? Die Maden sind natürlich die bevorzugte Futterquelle, also sollten sie zu Maden gehen. Wenn sie aber wissen, dass Maden schon vor zwei Tagen versteckt wurden und die in dieser Zeit verderben, dann sollten sie in diesem Fall sich eher die Erdnüsse holen. Im umgekehrten Fall, wenn sie zuerst die Erdnüsse versteckt haben und danach die Maden und vier Stunden später nach dem Madenverstecken hineingelassen wurden, dann sollten sie sich die Maden holen. Genau das ist passiert. Und jetzt kommt aber noch, denn man könnte sagen, woher wissen die tatsächlich, dass Maden in zwei Tagen verderben und so weiter. Was sie jetzt gemacht hat, ist, sie hat zwei Gruppen von Heeren. Die eine Gruppe hat Maden versteckt und nach bestimmten Zeiten sich herausholen können. Und die haben dann erfahren, ab welchen Zeiträumen die Maden dann nicht mehr sehr genüsslich sind. Die anderen hatten diese Erfahrung nicht machen können, denn da hat die Niki Gleten jedes Mal, wenn die Maden versteckt haben, dann, bevor die wieder hineingelassen wurden, ganz frische Maden hineingegeben. Das heißt, die hatten immer nur frische Maden, die hatten also kein Gefühl dafür, dass die Maden verderben können. Und wenn man jetzt den Versuch, den ich vorher geschildert habe, wiederholt mit diesen beiden Gruppen, dann trifft das genau zu, was ich geschildert habe mit der ersten Gruppe, aber nicht mit der zweiten. Die zweite Gruppe, die nicht wusste, dass Maden verderben, haben immer die Verstecke aufgesucht, wo die Maden versteckt wurden.
Speaker0
00:42:48
Wahnsinn. Aber jetzt in diesem Zusammenhang die Frage, haben jetzt Tiere ein Selbstbewusstsein? Sind sie sich ihrer selbst bewusst?
Speaker1
00:42:58
Also ich baue in diesem Buch einen Turm von Evidenzen auf, aus verschiedensten Bereichen, aus verschiedensten kognitiven Bereichen bei verschiedenen Tieren. Die meiner Meinung nach oder der Turm, der meiner Meinung nach groß genug ist mittlerweile, um diese Evidenz zu haben. Wobei ich schon sage, auch am Ende des Buches, dass es noch immer einen Unterschied zu Menschen gibt. Also eine bestimmte Art von Selbstbewusstsein, die wir uns auch sprachlich mitteilen, die auch ein Wissen enthält, das sozusagen im sozialen, kulturellen Umfeld entsteht, über das wir uns austauschen, Meta-Theorien und so weiter. Aber auch ein Selbstbewusstsein, das viel mehr einbezieht als nur, ich weiß, wann ich was versteckt habe, sondern meine ganze Lebensgeschichte, meine Lebensplanung, mein Weltbild, alles ist in meinem Selbstbewusstsein. Das heißt, das Selbstbewusstsein des Menschen, so sagen wir, ist viel reicher, viel reichhaltiger und fasst viel, viel mehr Wissen um einer selbst, als das Tiere wahrscheinlich haben. Haben, aber wir würden zumindest nicht sagen können, dass sie gar keines haben, sondern sie haben ein anderes, ein etwas Ärmeres, wenn Sie so wollen.
Speaker0
00:44:16
Ja, also ich versuche es in Worte zu fassen, aber ich glaube, es ist gar nicht notwendig, die Frage zu stellen, sind jetzt Tiere genau gleich wie Menschen, das ist, ich finde, sehr absurd, warum, die Frage muss man sich nicht stellen, weil genug Faszination und großartige Fähigkeiten und Fertigkeiten auf Seiten der Tiere da sind, man muss sie nicht mit Menschen vergleichen. Das ist gar nicht notwendig. Man kann sich auch so hinsetzen und erstaunt sein von dem, was die alles zu Wege bringen.
Speaker1
00:44:42
Man muss immer wieder zurückkehren auf Darwin, der schon gesagt hat, dass die Unterschiede oft nicht kategoreller Natur sind. Hier gibt es etwas und hier gibt es das gar nicht, sondern sie sind gradueller Natur. Es gibt Übergegen. Und so ist es ja auch bei uns überhaupt. Also es ist auch etwas, was mit meinem Lehrer Rupert Riedl, wo wir auch gearbeitet daran haben, eben an polymorpher Verkategorisierung haben wir das genannt. Also worum geht es, wenn ich sage, was ist der Unterschied zwischen einem Berg und einem Hügel? Dann gibt es diesen klaren Unterschied nicht. Wo hört der Hügel auf und beginnt der Berg? Ich meine, in Schottland ist der Ben Nevis auch ein Berg. Bei uns wäre es vielleicht noch keiner. 1.400 Meter, ja, nicht besonders. Also den Unterschied gibt es. Wie viele Körner brauche ich, dass ich sagen kann, das sind nicht mehr Körner, sondern da ist ein Haufen Körner. Wo beginnt der Haufen? Eine unsinnige Frage. Es gibt graduelle Übergänge und es gibt keine klare Grenze dazwischen. Und genau so ist es auch da. Es gibt Übergänge, auch vom Bewusstsein, aus Selbstbewusstsein. Auch Selbstbewusstsein ist nicht nur etwas... Und einzigartiges in dem Sinn, dass es da auch keine Vorformen und Übergänge gibt, sondern auch da gibt es, so wie beim Hügel und beim Berg, gibt es Übergänge, es gibt Vorformen, es gibt Bewusstseinsformen, wo das selbst noch keine so große Rolle spielt, aber langsam beginnt. Also ich nenne Körperbewusstsein oder Bewusstsein meines eigenen Schattens, meiner eigenen Größe. Lorenz hat geschildert, die Hirsche, die wissen, müssen tatsächlich, Ob sie mit ihrem Geweih noch zwischen zwei Bäumen durchkommen oder nicht. Die rennen nicht davon, rennen da voll hinein. Das wäre vielleicht fatal und so weiter und so weiter. Es gibt viele Formen von Bewusstsein, Bewusstheit, die noch nicht dieses volle Selbstbewusstsein des Menschen sind, aber eben Vorformen. Und als Biologen sagen wir auch immer, es hat sich entwickelt über Äonen, von Zeiträumen, das nennen wir Evolution. Wir müssen alles evolutiv betrachten und auch nicht den Menschen betrachten auf der letzten Sprosse einer Leiter, Skala Nature, sondern wir müssen auch die Evolution betrachten wie einen großen, großartigen Strauch mit Millionen von Verzweigungen und auf einem kleinen Zweigchen irgendwo mittendrin, da sitzt der Mensch. Wenn wir dieses Bild haben, dann ist es für uns auch evidenter, dass es diese Übergänge gibt und dass diese vielen Varianten auch von kognitiven Fähigkeiten da sind und dass es nicht eine lineare Progression gibt von der Amöbe zu Einstein, wie das einmal genannt wurde. Und wir ganz oben an der Spitze, die Krone der Schöpfung.
Speaker0
00:47:30
Ja, vor allem, ihr habt dieses Denkmodell sehr spannend gefunden, das Sie beschreiben. Der Grund, warum wir Menschen unter Anführungszeichen so intelligent sind, also die Leistungen erbringen können, die wir jetzt heute erbringen, wir sind so stolz darauf, wir können zählen und wir haben Sprache usw., liegt in erster Linie daran, weil das unser Überleben sichert oder in den letzten Jahrhunderttausenden Jahren gesichert hat. Eine Kuh braucht zum Überleben nicht mehr viel mehr als die Fähigkeit, Gras fressen zu können und sie zu reproduzieren. Die muss nicht zählen können, die muss nicht sprechen können. Das funktioniert bei der auch so. Wir haben halt andere Fähigkeiten entwickelt, um als Spezies zu überleben. Aber das gibt uns noch lange nicht das Recht, überheblich zu sein und zu sagen, die Kuh ist dümmer als wir.
Speaker1
00:48:09
Die ist anders. Wobei ich auch immer wieder sage, wenn wir sagen, wir Menschen, wer sind wir Menschen? Sind das wir beide, die da jetzt im Raum sitzen? Sind das alle unsere Freunde und Verwandte? Sind das alle Menschen, die heute leben? In all diesen Fragen würden wir wahrscheinlich Ja sagen. Wie weit zurück geht das? Naja gut, im letzten Jahrhundert die Menschen, unsere Urgroßväter waren auch Menschen, logischerweise. Und da gehen wir weiter zurück und da gehen wir weiter zurück und dann kommen wir in mehrere Jahrtausende zurück und dann kommen wir darauf, dass der Homo Sapiens mit seiner Sprache, mit seiner Kulturfähigkeit, dass der vielleicht 200.000 Jahre alt ist, aber nicht älter. Dass es aber menschliche Formen gibt, die sind viel, viel älter. Und wenn wir sagen menschliche Formen, dann meinen wir auch tatsächlich Individuen, die auch Werkzeuge gebraucht haben und hergestellt haben und modifiziert haben und so weiter. Die auch eine Art von minimaler Kultur hatten, die vielleicht auch kommuniziert haben, die an Felswänden gezeichnet haben oder geritzt haben, um symbolisch vielleicht bestimmte Zusammenhänge darzustellen beziehungsweise auch Informationen weiterzugeben und so weiter. Und das lange vor der Entstehung von Homo sapiens. Also müssen wir sagen, ja gut, es gibt andere Homoformen, Homo neandertalens, die sind also auch Menschen. Aber die haben bei weitem nicht die Fähigkeit damals gehabt, die wir heute haben, wenn wir sogar auf den Mond fliegen. So, und dann geht es weiter zurück. Und ich sage, jetzt stellen Sie sich vor, evolutiv ist es vollkommen klar, Ich habe einen Vater, ich habe einen Großvater, einen Urgroßvater und so geht es weiter zurück. Und denken wir uns jetzt einmal als Beispiel, ich stelle alle meine Vorfahren in einer Reihe auf, immer weiter zurück und zurück und zurück. Dann müsste ich an irgendeiner Stelle sagen können, hier, lieber Freund, lieber Vater, du bist doch kein Mensch, ich bin der erste Mensch. Und das ist vollkommen absurd. Das heißt, auch hier ist komplett klar, dass wir es mit Übergängen zu tun haben und dass es vor Homo sapiens auch Homo habilis gab und so weiter und Homo erectus gab und vor Homo die Australopithecinen und so weiter und so weiter. Und wenn ich an Werkzeuggebrauch denke, es gibt heute neueste Erkenntnisse, dass der Mensch Steine als Werkzeuge verwendet, wahrscheinlich zum Aufklopfen, vielleicht auch sogar erste Schneidegeschichten, Fleisch, wenn er eine scharfe Kante hatte, hatte vielleicht auch Fleischaufschnitt, weil es da Schnittspuren gibt auf Knochen. Und das Ganze ist 3,3 Millionen Jahre alt. Vor 3,3 Millionen Jahren hat Menschenformen, haben Werkzeuge gebraucht. Von Schimpansen ist bekannt, dass es zurückgeht vielleicht auf 600.000 Jahre. Man hat Steine gefunden in einem Flussbett, die ziemlich sicher von Schimpansen verwendet wurden. Und die man auf 600.000 Jahre Alter datiert haben. Jetzt könnten wir natürlich sagen, naja, die Schimpansen hatten noch nicht so viel Zeit wie wir. Wir hatten drei Millionen Jahre gebraucht, bis wir von Steinen bis hin zu, ich weiß nicht, iPhones uns vorgetastet haben. Wir könnten uns vorstellen, dass in drei Millionen Jahren die Schimpansen auch schon iPhones erfunden hätten. Also das ist natürlich jetzt sehr fiktiv, das gebe ich schon zu, und auch provokant. Aber wir müssen uns da immer wieder auch selbstreflektiv vor Augen führen, dass der Mensch nicht der Mensch ist, der jetzt da vor mir sitzt. Stimmt.
Speaker0
00:51:47
Danke schön. Ja, Metakognition als vorletzte Fähigkeit, also die Fähigkeit, eigene Denkprozesse zu reflektieren und Entscheidungen zu hinterfragen, also das klingt ja völlig unglaublich, dass ein Tier seine eigenen Entscheidungen hinterfragt und übers Denken nachdenkt. Das schreibt man ja eigentlich nur Philosophen zu.
Speaker1
00:52:08
Ja, also auch wieder, genau wie Sie richtig sagen, eine Fähigkeit, die wir uns Menschen natürlich zuschreiben und die für uns auch wirklich bedeutend ist, weil wir sagen, ja, wir denken nicht nur über die Dinge um uns herum nach, sondern auch in uns drinnen, auch wieder bei Selbstbewusstsein, das erfordert ein Selbstbewusstsein natürlich. Und da geht es in erster Linie einmal darum, wie groß ist mein Wissensstand? Wir alle, viele von uns zumindest, kennen die Millionen schon, am Montag mit dem Armin Assinger und da geht es genau darum. Es geht gar nicht so sehr in erster Linie, natürlich auch, aber in erster Linie um das, was jemand weiß, sondern er wird herausgefordert vom Armin, der das sehr klug macht, auch immer wieder mit Nachfragen, sind Sie sich dessen wirklich sicher? Sie können viel Geld verlieren. Und da geht es genau darum, wie sicher bin ich mir meines eigenen Wissens? Weiß ich das wirklich ganz sicher oder bin ich mir nicht ganz so sicher? Darum geht es in erster Linie. Und da gibt es auch wieder kluge Experimente, dass man Tiere vor eine sehr schwierige Aufgabe stellt, zum Beispiel auf einem Computer, Touchscreen, und Sie müssen diese Aufgabe lösen, haben aber von Zeit zu Zeit die Möglichkeit, anstatt gezwungen zu werden, dann eine Entscheidung zu treffen, A oder B, und wenn es A ist, dann ist es gut, dann ist es richtig, da bekomme ich ein schönes Stück Erdnuss, und wenn ich B drücke, dann bekomme ich gar nichts. Dann gibt es die Möglichkeit, dass ich in manchen Fällen, mein Drittel der Fälle zum zum Beispiel eine Taste drücke, das ist die Ausstiegstaste, dann sage ich, ich möchte diese Frage nicht beantworten, die überspringen wir, ich kann das nicht.
Speaker0
00:53:46
Ich habe dazu zu wenig Wissen.
Speaker1
00:53:47
Ich habe zu wenig Wissen, aber ich bin nicht ganz sicher, aber ich bekomme ein kleines Stück Erdnuss. Ich kriege nicht die große Erdnuss, aber ich kriege wenigstens mehr als gar nichts. Also steige ich aus. Und das hat man gesehen, dass die Tiere nicht irgendwann aussteigen aus Lust und Laune oder nicht wissen, was die Konsequenzen des Ausstiegs sind, sondern dass die Tiere, die die Möglichkeit haben, auszusteigen, insgesamt bei der Beantwortung der Fragen eine höhere Erfolgsquote haben als die Affen, die diese Ausstiegsmöglichkeit nicht hatten. Was bedeutet, dass sie genau wissen, wann sie aussteigen und nicht zufällig.
Speaker0
00:54:27
Das heißt, die reflektieren und erkennen, dass sie für die Beantwortung der Frage potenziell zu wenig Wissen haben und sagen, bevor ich mich da jetzt reintheater, steige ich lieber aus und entscheide mich nicht.
Speaker1
00:54:39
Ganz genau.
Speaker0
00:54:42
Werbung. Wenn früh am Morgen die Kaffeemaschine dampft und Andi noch schnell sein Frühstück manft auf unserem Lebenshof, beginnen wir den Tag, weil jedes Tier da draußen etwas fressen mag. Ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Die Gänse im Stall haben schon aufgemuckt. Ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Die Gänse im Stall haben schon aufgemuckt. Auf Hof Sonnenweide spucken wir jeden Tag in die Hände. Auch am Sonntag, Feiertag, Geburtstag, Weihnachten, Silvester, Nachsilvester, bei Hitze und Kälte und auch schon mal mit einer Erkältung. Wenn du uns gerne dabei unterstützen möchtest.
Speaker1
00:55:14
Den Tieren das bestmögliche
Speaker0
00:55:16
Leben zu bieten, dann freuen wir uns über eine Spende oder Patenschaft. Auf www.hof-sonnenweide.at findest du alle Infos dazu. Aber natürlich freuen wir uns genauso über 5 Sterne für den Podcast, ein Abo oder eine Rezension. Vielen Dank dafür. Und jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Werbung Ende. Danke sehr. Ja, der letzte Punkt, Gedanken lesen, also Theory of Mind unter anderem als Unterkapitel. Was ist damit gemeint? Können Tiere Gedanken lesen?
Speaker1
00:55:49
Nein, das können sie nicht und daher ist dieses deutsche Begriff eigentlich irreführend. Es ist nicht Telepathie. Ich kann mir ja selbst nicht in ihren Kopf versetzen und sozusagen telepathisch wissen, was sie als nächstes mich fragen werden. Aber ich kann aus bestimmten Indizien, aus bestimmten Erfahrungen und aus der Situation, aus dem Kontext, wie wir sagen, heraus, kann ich einen Schluss ziehen, Schlussfolgerung, was mein Gegenüber als nächstes tun würde. Indem ich zum Beispiel sehe, was hat mein Gegenüber gesehen und aufgrund dessen, was weiß mein Gegenüber. Also wenn es Futter gibt an zwei Orten und an einem Ort konnte er zuschauen, wie das Futter dorthin gelangte, aber als das Futter in den anderen Ort gelangte, war er gerade nicht da oder hatte gerade die Augen zu oder hatte gerade sich umgedreht, dann weiß ich, er hat das erste Versteck gesehen, das zweite nicht. Wenn jetzt mein Gegenüber dominant ist und mich verhauen würde, wenn wir beide zur gleichen Zeit an eine Futterquelle kommen, also ich sollte das vermeiden, dann würde ich jetzt wohin gehen? Zur ersten oder zur zweiten?
Speaker0
00:57:02
Also im Idealfall nicht dorthin, wo das Futter ist, wenn ich mich hineinversetzen würde.
Speaker1
00:57:07
Aber wenn an beiden Stellen Futter liegt, dann sollte man an die zweite Stelle gehen. Die erste hat der Konkurrent gesehen. Dann verhaut er mich. Also ich laufe zur zweiten, das hat er nämlich nicht gesehen. Das heißt, wenn wir beide gleichzeitig in diesen Testbereich gelassen werden, dann nehme ich an, dass mein Konkurrent zu A läuft, dann laufe ich zu B. Das waren die ersten wirklich tollen Experimente mit Schimpansen, die gezeigt haben, dass sich der Schimpanse, der subdominante Schimpanse, Gedanken macht, was hat der andere nicht nur gesehen, sondern was weiß er und aufgrund dessen, wie würde er als nächstes handeln. Denn darum geht es. Es geht jetzt nicht nur darum, warum sollte es interessant sein, zu wissen, was der andere denkt, sondern was würde der andere tun, wie würde der andere handeln im nächsten Augenblick, vor allem dann, wenn es für mich zum Beispiel gefährlich sein könnte oder wenn ich weniger Erfolgschancen habe und so weiter.
Speaker0
00:58:02
Also das heißt, wenn ich das mit Andi Nussbaumers Worten zusammenfasse, es ist eine Fähigkeit, sich ins andere Individuum hineinzuversetzen.
Speaker1
00:58:08
Genau, genau. Deswegen nennen wir das auch englisch Perspective Taking. Wir versetzen uns in den anderen. an. Zum Beispiel, dass ich, wenn ich von zwei Informantinnen einen Hinweis bekomme, wo Fütter versteckt wurde. Ich habe es nicht gesehen, ich muss mich quasi auf eine Informantin verlassen. Beide zeigen mir einen Ort, aber das sind verschiedene Orte. Ich muss mich also für eine Informantin entscheiden. Und eine Informantin weiß es, die andere weiß es nicht. Wie weiß ich das, wer etwas weiß? Eben genau das. So wie vorhin geschildert, ich habe genau geschaut, wer hat wo zugesehen, wer war gerade beim Verstecken im Raum, wer hatte gerade die Hände vor den Augen und nicht vor den Wangen. Das sind alles so Kontrollen, das sind alles Manipulationen, ein und derselben Situation. Eine Person kann es wissen, weil sie es gesehen hat, die andere nicht. Aber ich muss mir überlegen, wer kann es wissen, wer kann es nicht wissen, Aufgrund dieser Indizien, was jemand sieht. Und dann kann ich mich entscheiden und dann entscheide ich mich für die Wissende, für den Knower. Deswegen heißt das ganze Experiment ein Gesser-Knower oder ein Knower-Gesser-Experiment. Ich entscheide mich für den Knower und nicht für den Gesser. Und das wurde ursprünglich mit Schimpansen gemacht. Die Schimpansen haben versagt, aber da gibt es unterschiedliche Gründe dafür. In späteren Versuchen können sie das sehr wohl. Wir konnten aber zeigen, dass es auch Hunde können. Auch Hunde können da, wenn sie aufmerksam sind, sich vorstellen, wer etwas weiß und nicht. Und der letzte Test, den wir gemacht haben, weil immer sozusagen die Spielverderber-Hypothese ist, ja, man hat irgendwie im Leben gelernt, was es bedeutet, die Hände vorm Gesicht zu haben oder die Hände an der Wange zu haben oder zur Decke zu schauen und so weiter. Das sind einfach Erfahrungen, die man gemacht hat im Leben. und daher weiß ich, wer etwas sieht oder nicht. Oder jemand hat die Augen offen oder hat sie zu. Und das ist für mich ein Indiz. Ich folge demjenigen, der die Augen offen hat. Gut, um das zu... Zeigen, dass es auch ohne diese Hinweise und diese direkt sichtbaren Hinweise geht, haben wir folgendes Experiment gemacht. Die beiden Informantinnen haben beide genau dasselbe gemacht. Die sitzen links und rechts oder knien links und rechts von dem Verstecker, der das Futter versteckt hat, und schauen beide an eine Wand auf der Seite. Und an dieser Wand habe ich einen Punkt gemalt und beide schauen auf diesen Punkt. Das heißt, beide verhalten sich absolut gleich. Der Unterschied ist nur, dass die eine Informantin so sitzt oder so kniet, dass sie vom Verstecker wegsieht, wenn sie an die Wand sieht. Die andere Person sieht über den Verstecker hinweg zu dieser Wand. Das heißt, aus deren Perspektive könnte sie sehen, was versteckt und wo versteckt wird. Die andere kann es nicht. Jetzt müsste sich der Hund, der aber gegenüber sitzt, überlegen, wer kann es sehen. Das heißt, er könnte das tun, indem er sich in die Position der beiden versetzt, sprichwörtlich versetzt und sich überlegt, was kann ich aus dieser Position sehen, was kann ich aus jener Position sehen und dann verstehen, nur aus einer Position, Nämlich in dem Fall von der rechten Informantin, die könnte gesehen haben, was der Verstecker versteckt und wo er es versteckt, weil es in ihrem Blickwinkel wäre. Bei der anderen, die sozusagen vom Verstecker wegsieht zur Wand, wäre es nicht im Blickwinkel. Und genau das haben 81% der Hunde in unserem Test, beim ersten Test, bei der ersten Möglichkeit auch richtig gemacht.
Speaker0
01:01:50
Ich sage jetzt wieder einmal ganz unwissenschaftlich aus meiner Perspektive, das ist eine großartige Intelligenzleistung. Das schaffen wir aber nur, also sich in andere hinein zu versetzen und zu versuchen vorauszusehen, was könnte in dem anderen vorgehen, im anderen Individuum. Das schaffen aber nur sehr hochentwickelte Tiere.
Speaker1
01:02:09
Das wissen wir nicht. Da müssen wir wirklich vorsichtig sein. Das wissen wir erst dann, wenn wir diese Tiere tatsächlich mit denselben Tests getestet haben. Und ich sage immer, wenn jemand sagt, zum Beispiel, Tiere können das nicht, weil das können nicht einmal Schimpansen, dann würde ich sagen, vorsichtig. Es kann sein, dass Schimpansen aus bestimmten Gründen das nicht tun, nicht wollen, nicht können. Andere Tiere sehr wohl. Beispiel, wenn ich als Mensch mit einer Handgeste, mit einer Zeigegeste andeute, wo ist Futter versteckt? In einem von zwei Eimern, dann sind Hunde bereit, sofort und von Beginn ihres Lebens, also im Welpenalter an, dort hinzulaufen, wo es angezeigt wird. Sie verstehen quasi diese Handgeste, die eigentlich keine Geste ist, die der Hund selber hat. Hunde zeigen nicht mit ihrem Foto nirgendwo hin. Die Hunde verstehen das. Wir haben gefunden, dass sich Wölfe da schon schwerer tun, aber dass Schimpansen das gar nicht machen. Das kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass der Schimpansen, wir haben es auch mit den Schweinen gemacht, die machen es auch nicht, aber es könnte, also bei den Schweinen war es so, dass die nicht zufällig wählen zwischen den beiden Eimern, sondern dass die genau übersignifikant häufig zu dem Eimer gehen, den ich nicht anzeige. Vielleicht, weil sie denken, was ich anzeige, ist sozusagen der Hinweis für das Schwein, pass auf, das ist meins und da gehst du nicht her. Und das könnte auch bei den Schimpansen sein, Aber wir wissen jetzt von vielen anderen Versuchen mit vielen anderen Tieren, dass dieses Grundverständnis für die Zeigegäste, das ist eine sogenannte referenzielle Geste, denn es ist nicht so, dass der Hund nur auf meinen Finger schaut, sondern er soll verstehen, dass in der Verlängerung meines Arms und meines Fingers hin zu dem Eimer es dieser Eimer ist, der da drei Meter weit weg steht, der gemeint ist. Also er sollte die Zählgeste als referenzielles Signal verstehen und das ist etwas, was viele Tiere nicht tun.
Speaker0
01:04:16
Weil es evolutionär einfach gar nie notwendig war, sie dann miteinander zu setzen.
Speaker1
01:04:20
Genau, weil bei Hunden, und das ist ja auch jetzt schon eine Evidenz, die sich sehr, sehr stark belegen lässt, dass Hunde zuerst einmal im Rahmen der Domestikation, Hunde sind die am frühesten domestizierten Tiere überhaupt, vor mehr als 30.000 Jahren, dass sie im Laufe der Domestikation, das ist ein enorm langer Zeitraum, haben in Wahrheit eine gewisse Sensibilität für Menschen entwickelt haben, weil sie zusammenleben mit Menschen, weil sie für Menschen etwas tun, weil sie auch gezüchtet wurden, teilweise für bestimmte Aufgaben, die sie zu erledigen haben für Menschen. Also haben sie eine gewisse Sensibilität für menschliches Verhalten entwickelt. Wir haben auch gezeigt, dass sie auch eine Sensibilität haben für Gesichtsausdrücke, für Emotionen im menschlichen Gesicht, die ganz anders ausschauen, Ausschauen natürlich als einen Hundegesichtsausdruck. Also diese Sensibilität zumindest haben. Und on top auch noch durch das Leben mit Menschen von früh an meistens. Viele Menschen haben ja Hunde vom Welpenalter an und bei sich über Jahre. Unser Hund zum Beispiel wurde 18 Jahre alt. Also in diesem Zeitraum hat unser Hund Elli sehr viel über uns gelernt. Ich gebe ihm ein Beispiel. Er hat zum Beispiel gelernt, Allein ohne, dass ich ihn darauf trainiert hätte, ohne dass ich ihn dafür belohnt hätte, wir nennen das latentes Lernen, allein dadurch hat er gelernt, welche Hose was bedeutet. Nämlich, dass ich, wenn ich eine bestimmte Hose anziehe, nach Wien an die Uni fahre und er bleibt ruhig liegen. Und wenn ich eine Freizeithose anziehe, mit der ich oft mit ihm spazieren gehe, dann hört er das an der Gürtelschnalle dieser Freizeithose und kommt in den ersten Stock hinaufgelaufen und steht schon vor mir und wartet auf das gemeinsame Gehen. Das habe ich ihm nicht beigebracht, sondern das hat er sich selbst beigebracht, selbst gelernt. Immer wenn er ein bestimmtes Geräusch hört, eine Gürtelschnalle, und danach gehe ich mit ihm hinaus, das ist Konditionierung, nennt man das auch, oder assoziatives Lernen eigentlich, dann hat er sich das selbst beigebracht. Und so glauben wir, dass auch diese Gesten, dass auch bestimmtes Verhalten, bestimmte Gesichtsausdrücke, die wir haben, den Hunden mittlerweile bekannt sind mit ihren Konsequenzen.
Speaker0
01:06:43
Das ist in dem Fall dann, wenn ich es richtig verstanden habe, Zeichen für Kausalitätsverständnis. Er versteht sozusagen den Zusammenhang zwischen Hose und in weiterer Folge Spaziergang. Jetzt haben Sie so viel zusammengetragen, Herr Dr. Huber, zum Thema Intelligenzleistungen von Tieren. Was ist Ihr persönliches Resümee aus diesem Wissen?
Speaker1
01:07:03
Ich sage immer wieder, weil ich ja eigentlich wurde berufen als Professor für Mensch-Tier-Beziehung und die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Tierethik, dass unsere Forschung nicht unmittelbar und auf direkte Weise unser Handeln beeinflussen kann, aber auf indirekte Weise sehr wohl. Nämlich in dem Sinne, dass wir eine höhere Wertschätzung haben für Tiere, die auch, wie wir Menschen, intelligent sind. Wir Menschen. Haben ja auch eine bestimmte Wertschätzung für Nobelpreisträger und für besonders intelligente Menschen auch oder Menschen, die etwas Besonderes leisten, Musiker, Künstler und so weiter. Die zählen ja für uns auch sehr, sehr viel. Mit Recht, würde ich sagen. Weil sie eben diese Leistungen bringen. Und wenn wir verstehen, dass Tiere eben nicht, wie Dekar meinte, einfache Automaten sind, die nicht nachdenken, die keine Gefühle haben, die keine eigenen Interessen haben Und kein Bewusstsein haben. Dann würden wir sie natürlich anders einschätzen als Tiere, die das alles haben, wie ich in dem Buch zu belegen versuche. Und mit dieser Einschätzung steigt die Wertschätzung. Und mit der Wertschätzung, hoffe ich, steigt auch unsere Sensibilität ihnen gegenüber. In der Art und Weise, wie wir mit ihnen umgehen, wenn wir sie halten und wenn wir sie, wie in den meisten Fällen, in irgendeiner Art und Weise verwenden, um nicht zu sagen verwerten, instrumentalisieren. Also mit dieser höheren Wertschätzung sollte unser Umgang steigen. Das wäre mein Credo. Das versuche ich auch am Ende im Schlusskapitel in dem Buch darzulegen. Deswegen, ohne dass ich jetzt sozusagen schulmeisterlich und wie ein Moralapostel jetzt hergehe und sage, du musst das und das tun, hoffe ich doch, dass sozusagen dieses Grundverständnis und diese Wertschätzung, wenn sie steigt, automatisch bei Menschen zu einer anderen Handlungsweise, zu einem Umdenken teilweise aufführt.
Speaker0
01:09:12
Ja, das würde mich sehr freuen. Ein schönes Stichwort, weil der Verein Lebenshof Sonnenweide im Langtitel bei der Vereinsbehörde gemeldet, Verein zur Steigerung von Respekt und Wertschätzung von Natur und Tierwelt.
Speaker1
01:09:27
Ganz genau. Wunderbar, darum geht es.
Speaker0
01:09:31
Herr Dr. Huber, vielen Dank. Ich habe Ihnen im Vorfeld geschrieben, es gibt eine Playlist, eine Lass-die-sau-aus-Playlist. Gibt es zufällig ein Musikstück, einen Titel, der Ihnen dazu einfällt, den Sie hier beifügen möchten?
Speaker1
01:09:43
Zum Buch, zu meiner Forschung, meinen Sie? Einen Titel?
Speaker0
01:09:46
Möglicherweise einen Musiktitel, der dazu passt oder ein persönliches Musikstück, das Sie gerne hören.
Speaker1
01:09:51
Einer meiner Lieblingsgruppen, die ich immer gerne gehört habe, sind die Dire Straits. Aber ich habe, weil sie mir das geschrieben haben, gesucht, ob es bei den Dire Straits etwas gibt. Ich habe leider nichts gefunden. Ich habe viele tolle Titel gefunden. Manche sind leider zu lang für diesen Zweck wie Telegraph Road, ist ja mein Lieblingstitel, aber Brothers in Arms ist kürzer und auch den liebe ich, weil er gerade in der heutigen Zeit, hat jetzt nichts mit Tieren zu tun, aber schon auch mit dem Tier im Menschen, wenn ich es so sagen darf, zu tun haben, wenn wir Kriege führen und wenn wir uns gegenseitig abschlachten. Und Brothers in Arms ist ein großartiger Titel, der da anregen soll, darüber nachzudenken, Warum führen wir Kriege? Warum führen wir immer noch Kriege, wenn wir doch so intelligent sind nach tausenden von Jahren? Und dann passt es indirekt auch wieder dazu.
Speaker0
01:10:46
Das ist ja insofern schön, weil Jane Goodall, über die wir heute schon gesprochen haben, unter anderem die Frage stellt, wenn wir glauben, so intelligent zu sein, warum zerstören wir dann unseren Planeten?
Speaker1
01:10:58
Ganz genau.
Speaker0
01:10:59
Vielen Dank für diesen Titel. Passt gut dazu.
Speaker1
01:11:02
Der andere Titel wäre der, weil Sie sagen, zerstören wir unseren Planet, der mir auch eingefallen ist, weil er mit dem Planet zu tun hat und weil im Videoclip auch man sieht, wie... Zum Beispiel Elefanten abgeschlachtet werden, um ihnen dann das Elfenbein rauszuziehen und so weiter. Und das ist der Earth Song von Michael Jackson, der mir auch in dem Zusammenhang sehr gut gefällt.
Speaker0
01:11:24
Den nehmen wir einfach mit dazu. Vielen herzlichen Dank, lieber Herr Dr. Huber. Schön, dass Sie uns Ihre Zeit gewidmet haben. Wir haben vieles gehört über die Fähigkeiten und Intelligenzleistungen von Tieren. Dankeschön für Ihre Zeit. Wir werden es uns zu Herzen nehmen.
Speaker1
01:11:37
Bitte, sehr gerne.
Speaker0
01:11:38
So, und jetzt habe ich noch einen kleinen Nachtrag. Der Herr Dr. Huber hat mir im Anschluss an unser Gespräch bei E-Mail noch zwei weitere Musikwünsche geschickt und die packe ich natürlich ganz besonders gerne drauf. Der eine Titel ist eine Schwerwelt, den haben wir sogar schon auf der Playlist, nämlich Circle of Life aus dem Film König der Löwen. Und der zweite Titel ist You'll Be In My Heart, gesungen von Phil Collins. Das ist der Titelsong von Tarzan, dem Herrn des Dschungels. Und ist auch mit Jane Goodall verbunden, die wir im Gespräch mehrfach verwendet haben. Die war auf Tarzans Jane immer ein bisschen eifersüchtig. Insofern passt dieser Song ganz gut von Phil Collins. Und ich habe in dem Fall dann auch noch einen Wunsch für die Playlist. Nur kann ich es nicht auf Spotify packen, weil den gibt es nicht auf Spotify. Ich stelle euch aber den Link zu dem YouTube-Titel in die Shownotes mit rein. Das ist nämlich die Version von Phil Collins auf Deutsch gesungen von You'll Be In My Heart. Das hat er damals live am Klavier sitzend bei einer Wetten-Das-Sendung gesungen. Und ich finde das einfach bezaubernd, wie ein Phil Collins da sitzt und auf Deutsch You'll Be In My Heart singt. Packe ich euch in die Shownotes rein. In diesem Sinne, macht es gut da draußen, ihr Lieben. Lasst die Sau raus. Tschüss.
Music
01:12:53

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